Schlimmer geht immer: Straßenbahnchaos

Heute gibt es nur einen kurzen dafür aber umso lustigeren Beitrag, eine Art Mini-Story also. Viel Spaß beim Lesen!

Da der Job als Food Runner im Botany Hotel in Melbourne für mich nicht allzu ertragreich war, durchsuchte ich immer mal wieder das australische Jobportal seek und diverse andere Seiten nach Jobs. Einmal fand ich dabei eine Anzeige einer Schauspielagentur und schrieb eine Email. Ich erhoffte mir jetzt nicht die Hauptrolle im nächsten Blockbuster, aber vielleicht durfte ich ja irgendwo im Hintergrund mal durchs Bild laufen. Tatsächlich flatterte nur einige Stunden später eine Email in mein Postfach mit mehreren Terminen für ein Interview. Sobald ich meinen Schichtplan für die folgende Woche gesehen hatte, bestätigte ich einen dieser Termine. Das Büro lag nur etwa 30 bis 40 Minuten mit der Straßenbahn von mir entfernt, also sollte ich kein Problem haben, dorthin zu kommen.

Am Tag des Interviews stieg ich also in die Straßenbahn vor meiner Haustür ein, fuhr ein paar Stopps und stieg aus. In der nächsten Straße links lag die Haltestelle für die nächste Bahn. Dort wartete ich ein paar lange Minuten, in denen nichts kam. Laut Google Maps sollte die Straßenbahn aber spätestens alle zehn Minuten kommen. Die Anzeigetafel zeigte mir nur leider etwas anderes an: Meine Straßenbahn sollte erst wieder am Montag fahren. Nein, es war kein Sonntag. Verwirrt checkte ich PTV, eine App speziell für den ÖPNV in Victoria. Auf meiner Strecke war wohl eine Baustelle, dementsprechend keine Straßenbahn. Sie fuhr gar nicht mehr, so dass ich auch nicht einfach ein paar Stopps früher aussteigen konnte. Natürlich gab es Ersatz in Form von Bussen, nur stand nirgends wo diese Busse lang fuhren und so musste ich wohl oder übel laufen. Ein halbe Stunde lang. Blöd war nur, dass mein Termin bereits in 25 Minuten stattfinden sollte. Trotzdem gab ich nicht auf. Zu spät kommen war immer noch besser als gar nicht.

Im Stechschritt setzte ich meinen Weg fort und sah immer wieder Ersatzbusse, jedoch nie für meine Linie. Doch selbst wenn, ich hätte keine Ahnung gehabt, wo die Haltestellen dafür waren.

Dezent verschwitzt fand ich dann meinen Weg zum Büro, ein Gebäudekomplex mit zwanzig Stockwerken. Im Foyer nannte man mir das korrekte Stockwerk, wo ich dann auch das Büro fand. Ich entschuldigte mich für meine Verspätung von über 15 Minuten, was jedoch nicht weiter schlimm war. Es waren nämlich noch mehr Menschen für Interviews da und so wurde ich einfach etwas später aufgerufen. Der Mann, der das Interview führte zeigte sich ebenfalls als sehr verständlich. Diese ganzen Straßenarbeiten waren schrecklich und Australier haben es mit der Pünktlichkeit sowieso nicht so. Er erklärte mir auch, dass man mich jederzeit aufnehmen könnte und nach Angeboten passend für mich suchen würde, auch außerhalb Melbournes. Dafür müsste ich allerdings einmalig 300$ zahlen, damit man professionelle Fotos von mir für das Portfolio aufnehmen konnte. Das war es mir dann aber doch nicht wert. Ich meinte also höflich, ich würde es mir überlegen und mich per Email melden.

Zeit für den Rückweg. Natürlich hatten sich die Baustellen nicht in Luft aufgelöst und ich hatte auch keine plötzliche Erleuchtung, wo ich denn nun diese ominösen Ersatzbusse finden konnte. Also bereitete ich mich wieder aufs Laufen vor, jedoch sah ich zwischendurch Schilder, die in die Richtung deuteten, wo die Ersatzbusse abfahren sollten. Faulheit ist nicht umsonst die Wiege der Evolution, also folgte ich den Schildern. Ohne Erfolg. Statt zu einem Bus wurde ich nur zu einer riesigen Baustelle geführt, aus der ich auch kurz nicht mehr rausfand.

Nachdem ich endlich wieder im CBD und bei Flinders Street angekommen war, stieg ich in eine Straßenbahn, die mich zum Kmart meiner Wahl bringen sollte. Von dort aus wollte ich dann gemütlich weiter nach Hause fahren. Bis zum Kmart kam ich auch, aber das war dann auch alles. Vor dem Parlamentsgebäude, wo meine Straßenbahn nun einmal auch vorbei fuhr, fand eine Demonstration statt. Da dies öfter der Fall war, gab es allerdings einfach eine Ersatzstation, zu der ich laufen konnte.

Fast fünf Minuten später sah ich meine Straßenbahn auch, wie sie dort anhielt. Ich war allerdings noch auf der anderen Seite, der stark befahrenen Straße und wollte lieber auf die nächste Bahn waren. Zehn Minuten mehr oder weniger würden auf dieser Odyssee wohl kaum einen Unterschied machen. Ich stand also an der Haltestelle und wartete und wartete und wartete. Dabei hatte ich die Straßenbahn doch eben hier lang fahren sehen… Nachdem die Wolken, die schon den ganzen Morgen über Melbourne hingen, langsam aber sicher ihre aus Regentropfen bestehende Fracht loswerden wollten, checkte ich erneut PTV: Demonstration war vorbei, die Straßenbahn fuhr jetzt wieder normal.

Mittlerweile war ich nur noch milde belustigt von dieser Situation. Ich schaute auf in den Himmel und fragte laut, welche höheren Mächte ich beleidigt hatte, bevor ich mich auf das letzte Stück meiner Reise begab. Zu Fuß. Immerhin sollte das nur noch 20 Minuten dauern.

Eine Antwort zu „Schlimmer geht immer: Straßenbahnchaos”.

  1. Avatar von Simone Tepelmann
    Simone Tepelmann

    Tröstlich, das so etwas nicht nur in Deutschland vorkommt!

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten